Das Wichtigste zu Körpergewicht und Fruchtbarkeit im Überblick:
- Über- und Untergewicht beeinflussen die Fruchtbarkeit bei Männern und Frauen.
- Ein BMI über 25 bedeutet Übergewicht, ab 30 Adipositas.
- Bei Frauen kann Übergewicht den Hormonhaushalt stören und den Eisprung verhindern.
- Übergewicht kann das Risiko für PCOS erhöhen, und zu schlechterer Eizellqualität und Schwangerschaftskomplikationen führen.
- Bei Männern kann Übergewicht die Spermienqualität verschlechtern.
- Gesunde Ernährung, Bewegung, Stressabbau und ausreichend Schlaf können zu einem gesunden Körpergewicht führen und die Chancen auf eine Schwangerschaft verbessern.
Das Körpergewicht spielt eine entscheidende Rolle für die Fruchtbarkeit
Wenn ihr euch gerade auf der Reise zum Wunschkind befindet, kann diese Zeit eine emotionale Achterbahn sein – mit Hoffnungen, Enttäuschungen und manchmal auch der Frage, was man noch tun kann, um den Kinderwunsch zu erfüllen und die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. Vielleicht habt ihr schon einiges ausprobiert und überlegt nun, ob euer Lebensstil einen Einfluss haben könnte. Ein Thema, das oft übersehen wird, ist das Körpergewicht – sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Tatsächlich kann euer Gewicht, ob Über- oder Untergewicht, einen erheblichen Einfluss auf eure Fruchtbarkeit haben. Die gute Nachricht - es konkrete Schritte, die ihr unternehmen könnt, um eure Chancen auf eine Schwangerschaft zu optimieren.
In diesem Artikel erläutern wir die wissenschaftlichen Zusammenhänge zwischen Übergewicht und Fruchtbarkeit, geben klare Richtlinien zum Body-Mass-Index (BMI) und bieten praktische Tipps zur Gewichtskontrolle, um die Fruchtbarkeit zu unterstützen.
Was ist Übergewicht und wie wird es definiert?
Übergewicht wird mit Hilfe des Body-Mass-Index (BMI) bestimmt. Der BMI ist ein einfaches Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße und wird folgendermaßen berechnet:
- BMI = Gewicht (in kg) / Körpergröße² (in m)
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifiziert die BMI-Werte wie folgt:
- Untergewicht: BMI unter 18,5
- Normalgewicht: BMI zwischen 18,5 und 24,9
- Übergewicht: BMI zwischen 25 und 29,9
- Adipositas (Fettleibigkeit): BMI über 30
Diese Kategorien bieten einen groben Hinweis auf das Körpergewicht, aber es ist wichtig zu betonen, dass nicht nur der BMI, sondern auch Faktoren wie Fettverteilung und Muskelmasse eine Rolle spielen.
Auswirkungen von Übergewicht auf die weibliche Fruchtbarkeit
Übergewicht kann tiefgreifende Auswirkungen auf den weiblichen Hormonhaushalt haben. Das Fettgewebe agiert wie ein hormonproduzierendes Organ, das Östrogen produziert. Ein Überschuss an Östrogen kann jedoch zu einem hormonellen Ungleichgewicht führen und in Folge den Eisprung beeinflussen und die Fruchtbarkeit mindern.
- Hormonelle Ungleichgewichte: Bei übergewichtigen Frauen kann es zu einer Hyperöstrogenämie kommen, also einem erhöhten Östrogenspiegel im Blut. Dieser Zustand kann den Menstruationszyklus verlängern und zu Unregelmäßigkeiten führen, die den Eisprung behindern.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der mit Übergewicht in Zusammenhang steht, ist die Insulinresistenz. Diese tritt häufig bei Frauen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit auf und führt dazu, dass die Körperzellen weniger empfindlich auf das Hormon Insulin reagieren. Um den Blutzucker zu regulieren, produziert der Körper daher mehr Insulin. Dieser erhöhte Insulinspiegel trägt jedoch zu einem hormonellen Ungleichgewicht bei, da Insulin die Eierstöcke dazu anregt, mehr männliche Hormone (Androgene) zu produzieren. Dadurch wird die Funktion der Eierstöcke weiter gestört und in Folge wird das Risiko für das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) zusätzlich erhöht.
Das polyzystische Ovarialsyndroms korreliert stark mit Übergewicht, Fettleibigkeit und Insulinresistenz. PCOS ist einer der häufigsten Gründe für Unfruchtbarkeit bei Frauen, da es selten oder gar nicht zum Eisprung kommt, obwohl die Eierstöcke mit fast fertig gereiften Eibläschen gefüllt sind. Keines dieser Eibläschen entwickelt sich jedoch zum dominanten Follikel, aus dem die Eizelle beim Eisprung hervorgeht.
Bei Übergewicht treten häufig auch ein erhöhter Leptinspiegel oder eine Leptinresistenz ein. Wenn die Leptinspiegel gestört sind, kann dies zu hormonellen Ungleichgewichten führen und den Menstruationszyklus sowie den Eisprung beeinträchtigen.
- Eizellqualität: Studien zeigen, dass übergewichtige Frauen häufiger Probleme mit der Qualität ihrer Eizellen haben. Eine Studie fand heraus, dass Frauen mit einem BMI über 30 eine geringere Erfolgsrate bei In-vitro-Fertilisation (IVF) haben. Diese Frauen hatten eine niedrigere Anzahl an gesunden Eizellen und niedrigere Einnistungs- und Schwangerschaftsraten. (Bellver et al., 2006).
- Komplikationen in der Schwangerschaft: Frauen mit Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko für Früh- und Fehlgeburten sowie Schwangerschaftskomplikationen wie Gestationsdiabetes und Präeklampsie. Ebenso steigt das Risiko für Frühgeburten oder Babys mit einem höheren Geburtsgewicht (Sobaleva et al., 2011).
Auswirkungen von Übergewicht auf die männliche Fruchtbarkeit
Auch bei Männern kann Übergewicht die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, da es die Produktion und Qualität der Spermien negativ beeinflussen kann. Die Wahrscheinlichkeit männlicher Unfruchtbarkeit steigt um 10% für jedes zusätzliche Übergewicht von 9 kg bei einem Mann (Sallmen et al., 2006). Der Einfluss von Fettleibigkeit auf die männliche Fruchtbarkeit gilt als multifaktoriell und könnte durch genetische, hormonelle sowie umweltbedingte Einflüsse beeinflusst werden (Nyguyen et al. 2010).
Folgende Auswirkungen kann Übergewicht auf die männliche Fertilität haben:
- Verminderte Spermienqualität: Mehrere Studien weisen darauf hin, dass bei übergewichtigen und fettleibigen Männern die Spermienqualität und Fruchtbarkeit beeinträchtigt sind. Man vermutet, dass Fettleibigkeit beim Mann zu Veränderungen der Samenparameter führt, insbesondere der Spermienkonzentration, der Spermiengesamtabzahl, der Anzahl beweglicher und progressiv beweglicher Spermien, der Spermienmorphologie sowie einer erhöhten DNA-Fragmentierung (Katib et al, 2015)
- Hormonelle Störungen: Übergewicht erhöht bei Männern das Risiko von hormonellen Ungleichgewichten, insbesondere im Testosteronspiegel. Ein niedriger Testosteronspiegel hat eine gestörte Spermatogenese (Spermienproduktion) und kann zu einer verminderten Fruchtbarkeit führen (Katib et al., 2015)
- Schädigung der DNA: Auch wenn die Forschung bei Menschen noch nicht ganz eindeutig ist, zeigen Tierstudien klar, dass Übergewicht bei Männern die DNA der Spermien schädigen kann. Die widersprüchlichen Ergebnisse bei Menschen liegen oft daran, dass die Studien sehr unterschiedlich aufgebaut sind (Peel et al., 2023).
Möglichkeiten zur Gewichtskontrolle und Verbesserung der Fruchtbarkeit
Um ein gesundes Gewicht zu erreichen und die Fruchtbarkeit zu unterstützen, spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle. Eine Kombination aus gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung und einem ausgewogenen Lebensstil hilft nicht nur dabei, das Gewicht zu regulieren, sondern fördert auch die allgemeine Gesundheit. Dadurch steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft.
1. Gesunde Ernährung
Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle beim Abnehmen und der Gewichtskontrolle. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung kann helfen, das Körpergewicht zu regulieren und die Fruchtbarkeit zu verbessern.
- Reduziere Zucker und verarbeitete Lebensmittel: Vermeide Lebensmittel, die reich an Zucker und ungesunden Transfetten sind. Diese können zu einer Gewichtszunahme führen und den Blutzuckerspiegel destabilisieren.
- Erhöhe die Zufuhr von Obst und Gemüse: Diese sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Antioxidantien, die die Zellgesundheit der Eizellen und der Spermien unterstützen.
- Fettreduzierte Eiweiße und Vollkornprodukte: Wähle mageres Eiweiß (wie Geflügel oder Fisch) und ballaststoffreiche Vollkornprodukte, die länger satt halten und eine langsame Freisetzung von Energie fördern.
2. Regelmäßige körperliche Aktivität
Regelmäßige Bewegung ist ein weiterer wichtiger Faktor, um das Körpergewicht in einem gesunden Bereich zu halten. Es wird empfohlen, mindestens 120 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche zu betreiben, wie zum Beispiel:
- Ausdauertraining wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren. Diese steigern die Herz-Kreislauf-Gesundheit und fördern den Kalorienverbrauch.
- Krafttraining: Regelmäßiges Krafttraining hilft, die Muskelmasse zu fördern, den Stoffwechsel anzukurbeln und den Fettanteil zu reduzieren.
3. Stressabbau und Schlaf
Stress und Schlafmangel können die Gewichtsregulation erschweren und die Fruchtbarkeit negativ beeinflussen (Goens et al., 2023). Versuche Techniken zur Stressbewältigung zu erlernen, wie etwa Meditation oder Yoga, und auf ausreichenden Schlaf zu achten. Rund 7-8 Stunden Schlaf pro Nacht sind empfehlenswert.
Fazit
Ein gesundes Körpergewicht ist entscheidend für die Fruchtbarkeit und die allgemeine reproduktive Gesundheit. Übergewicht kann bei Männern und Frauen zu hormonellen Störungen, schlechter Eizell- und Spermienqualität und Komplikationen in der Schwangerschaft führen. Durch eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Stressmanagement können Paare, ihre Chancen auf eine natürliche Empfängnis oder den Erfolg von Kinderwunschbehandlungen deutlich verbessern.
FAQ:
Welcher BMI gilt als optimal für die Fruchtbarkeit?
Ein BMI im Bereich von 18,5 bis 24,9 gilt im Allgemeinen als ideal für die Fruchtbarkeit. Sowohl ein zu niedriger als auch ein zu hoher BMI können die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft reduzieren.
Wie viel Gewicht sollte ich verlieren, um meine Fruchtbarkeit zu verbessern?
Das hängt sehr stark von der individuellen Situation ab und sollte mit einem behandelnden Arzt besprochen werden.
Beeinflusst Gewicht auch die Erfolgschancen bei Kinderwunschbehandlungen wie IVF?
Studien haben gezeigt, dass sowohl Übergewicht und Untergewicht die Erfolgsraten von IVF und anderen Kinderwunschbehandlungen negativ beeinflussen können.
Referenzen:
Nguyen DM, El-Serag HB. The epidemiology of obesity. Gastroenterol Clin North Am. 2010
Katib A. Mechanisms linking obesity to male infertility. Cent European J Urol. 2015