Anti-Müller-Hormon (AMH) bei Kinderwunsch

Das Anti-Müller-Hormon (AMH-Wert) und die Bedeutung bei Kinderwunsch

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Carolin Kaulfersch ist als Medical Writer und Autorin für die Themen Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Reproduktionsmedizin tätig. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass es nicht selbstverständlich ist, ein Kind zu haben und möchte daher andere Paare empathisch und informativ auf ihrem Weg zum Wunschkind unterstützen.

Niedriger AMH-Wert kann Grund für unerfüllten Kinderwunsch sein

Was ist der AMH-Wert und warum ist er wichtig?

Wie wird der AMH-Wert gemessen?

Was bedeuten hohe oder niedrige AMH-Werte?

Welcher AMH-Wert ist normal?

Die ovarielle Reserve (Eizellreserve) einer Frau

Der AMH-Wert im Alter

Ursachen für einen niedrigen AMH-Wert

Bedeutung des AMH-Werts für die Reproduktionsmedizin

Möglichkeiten um die Fruchtbarkeit zu fördern

Eizellspende als Option

Das Wichtigste über den AMH-Wert bei Kinderwunsch

  • Der AMH-Wert spiegelt die Anzahl der verbliebenen Eibläschen (Follikel) in den Eierstöcken wider.

  • Je höher der AMH-Wert, desto größer ist tendenziell die ovarielle Reserve.

  • Die AMH-Konzentration kann zyklusunabhängig durch einen einfachen Bluttest bestimmt werden.

  • Der AMH-Wert nimmt mit dem Alter ab, insbesondere ab etwa 36 Jahren.

  • Die Einnahme bestimmter Mikronährstoffe kann die Eizellqualität unterstützen.

Niedriger AMH-Wert kann Grund für unerfüllten Kinderwunsch sein

In der heutigen Zeit stellen sich viele Frauen die Frage: "Kann ich noch schwanger werden?" Diese Frage ist besonders relevant für Frauen, die sich später im Leben für eine Schwangerschaft entscheiden.

Eine der wichtigsten Kennzahlen, die dabei eine Rolle spielen, ist der Anti-Müller-Hormon-Wert, kurz AMH-Wert. Dieser Wert, ermittelt durch einen AM-Hormonspiegel, dient als Indikator für die Eizellreserve einer Frau und kann wichtige Informationen darüber liefern, ob eine Schwangerschaft auf natürliche Weise möglich ist oder ob assistierte Reproduktionstechniken wie In-Vitro-Fertilisation (IVF) in Betracht gezogen werden sollten. Gerade in einem Kinderwunschzentrum wird dieser Wert daher oft kontrolliert.

Was ist der AMH-Wert und warum ist er wichtig?

Das Anti-Müller-Hormon (AMH) wird von den Eierstöcken von der Pubertät bis zur Menopause produziert. Es dient als Marker für die Eizellreserve und gibt an, wie viele Eizellen noch in den Eierstöcken vorhanden sind.

Produziert wird AMH von den Granulosazellen innerhalb der Follikel, die die Eizellen umgeben. Diese Follikel reifen während des Menstruationszyklus heran und spielen eine zentrale Rolle in der Fruchtbarkeit.

Wie wird der AMH-Wert gemessen?

Der AMH-Test erfolgt über eine einfache Blutabnahme, die zu jedem Zeitpunkt im Zyklus durchgeführt werden kann. Hormonelle Verhütungsmittel haben keinen Einfluss auf das Ergebnis.

Die Nachweisgrenze des Tests liegt in der Regel bei 0,1 ng/ml. Werte unterhalb dieser Grenze deuten darauf hin, dass kaum noch funktionsfähige Eizellen vorhanden sind.

Was bedeuten hohe oder niedrige AMH-Werte?

Hoher AMH-Wert und PCOS

Ein AMH-Wert über 6 ng/ml kann auf das PCO-Syndrom (PCOS) hinweisen. Frauen mit PCOS haben meist eine hohe Eizellreserve, aber aufgrund hormoneller Ungleichgewichte reifen die Follikel oft nicht vollständig heran. Eine hohe Anzahl an Eizellen bedeutet daher nicht zwangsläufig eine höhere Fruchtbarkeit.

Niedriger AMH-Wert und Fruchtbarkeit

Ein niedriger AMH-Wert deutet auf eine geringe Eizellreserve hin, was die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft verringern kann. Allerdings führt ein niedriger AMH-Wert nicht automatisch zur Unfruchtbarkeit, sondern kann lediglich die Chancen auf eine natürliche Empfängnis reduzieren.

Einflussfaktoren wie Rauchen spielen ebenso eine Rolle: Raucherinnen haben in der Regel niedrigere AMH-Werte als Nichtraucherinnen, da Nikotin die Eizellreserve negativ beeinflussen kann.

Welcher AMH-Wert ist normal?

Die AMH-Normwerte variieren je nach Alter und Labor. Generell gilt ein Wert von 1–3 Nanogramm pro Milliliter Blut als normal.

Die ovarielle Reserve (Eizellreserve) einer Frau

Die ovarielle Reserve einer Frau, also die Anzahl an verbleibenden Eizellen im Eierstock, wird bereits vor der Geburt festgelegt.

Ab der Pubertät beginnt reifen monatlich bis zu 1.000 Follikel im Eierstock heran. Allerdings wird nur der größte und am weitesten entwickelte Follikel bei einem Eisprung eine reife Eizelle freisetzen. Die übrigen Follikel werden resorbiert. Dieser Zyklus wiederholt sich bei einer Frau etwa 300 bis 500 Mal im Laufe ihres Lebens.

Der Prozess beginnt mit dem follikelstimulierenden Hormon (FSH), das von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet wird. FSH stimuliert das Wachstum mehrerer Follikel in den Eierstöcken.

Während die Follikel wachsen, produzieren sie Östrogen (Östradiol). Der Follikel, der am schnellsten Östrogen produziert, wird dominanter. Der dominante Follikel produziert so viel Östrogen, dass dies zu einem Rückkopplungseffekt führt und die FSH-Produktion reduziert wird. Dadurch werden die anderen, weniger entwickelten Follikel in ihrem Wachstum gehemmt.

Wenn die Östrogenproduktion vom dominanten Follikel einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, löst dies den Anstieg des luteinisierenden Hormons (LH) aus. Der LH-Anstieg führt zum Eisprung.

Der AMH-Wert im Alter

Mit zunehmendem Alter einer Frau sinkt ihre ovarielle Reserve und folglich auch der AMH-Spiegel und die weibliche Fruchtbarkeit. Der drastischste Rückgang erfolgt bei Frauen im Alter von etwa 36 Jahren, wobei es auch Frauen gibt, die bereits früher eine niedrige Reserve haben.

Die Menopause beginnt, wenn nur noch sehr wenige befruchtungsfähige Eizellen vorhanden sind und die Regelblutung ausbleibt.

Die Wechseljahre setzen bei Frauen zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten ein, meist um das 50. Lebensjahr, aber manchmal auch erst um die 60. Jahre. Beginnt die Menopause vor dem 40. Lebensjahr, spricht man von vorzeitigen Wechseljahren.

Ursachen für einen niedrigen AMH-Wert

Ein niedriger AMH-Wert kann verschiedene Ursachen haben. Hier sind mögliche Gründe:

  • Alter der Frau: Der häufigste Grund für einen niedrigem AMH-Wert ist das zunehmende Alter der Frau, da die ovarielle Reserve im Alter abnimmt.
  • Frühe Menopause: Manche Frauen erleben eine vorzeitige Menopause, bei der die ovarielle Funktionsreserve früher als gewöhnlich erschöpft ist.
  • Genetische Faktoren: Erbkrankheiten oder genetische Veranlagungen, wie zum Beispiel das Turner Syndrom können die ovarielle Reserve beeinträchtigen.
  • Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift, wie das Autoimmun-Ovarialsyndrom können die Eierstöcke schädigen und zu einem niedrigeren AMH-Wert führen.
  • Ovarielle Insuffizienz: Eine eingeschränkte ovarielle Funktion, die aus verschiedenen Gründen auftreten kann, wie z.B. durch bestimmte medizinische Behandlungen oder Erkrankungen.
  • Krebsbehandlungen: Chemotherapie oder Bestrahlung zur Behandlung von Krebs kann die ovarielle Reserve beeinträchtigen und den AMH-Wert senken.
  • Eierstockoperationen: Chirurgische Eingriffe an den Eierstöcken, wie z.B. die Entfernung von Zysten oder Tumoren, können die ovarielle Reserve beeinflussen. So zeigte eine Studie, dass Frauen mit Endometriose, die eine frühere Operation aufgrund eines Endometrioms hatten, ein 3-fach erhöhtes Risiko für einen AMH-Wert unter 1 ng/ml hatten. (Streuli, 2012)
  • Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS): Frauen mit PCOS leiden häufig unter Zyklusstörungen, die durch ein hormonelles Ungleichgewicht verursacht werden. Bei einigen Frauen mit PCOS kann der Wert des Anti-Müller-Hormons höher als normal sein.
  • Body-Mass-Index (BMI): Es besteht eine umgekehrte Assoziation zwischen AMH-Spiegeln und BMI; höhere BMI-Werte sind tendenziell mit niedrigeren AMH-Werten verbunden.
  • Rauchen: Aktuelle Raucherinnen haben um 44 % niedrigere AMH-Werte im Vergleich zu Nichtraucherinnen. (Plante, 2010)
  • Antibabypille: Anwenderinnen der Antibabypille haben AMH Mittelwerte, die um 42 % niedriger sind. Nach dem Absetzen der Kontrazeptiva steigt der AMH-Wert um 53 % innerhalb von drei Monaten. (Werner, 2024)
  • Endokrine Disruptoren: Endokrine Disruptoren wie Phthalate und BPA können die Eizellreserve ebenfalls negativ beeinflussen. (Land, 2022)

Bedeutung des AMH-Werts für die Reproduktionsmedizin

Der AMH-Wert spielt eine wichtige Rolle bei einer Kinderwunschbehandlung, insbesondere in der Auswahl der richtigen Dosierung für die hormonelle Stimulation.

Studien haben eine Korrelation zwischen dem AMH-Wert und der Reaktion der Eierstöcke auf die hormonelle Stimulation identifiziert. Patientinnen mit hohen AMH-Werten könnten ein höheres Risiko für eine Überstimulation haben, während Patienten mit niedrigen AMH-Werten wahrscheinlich eine schwache Reaktion zeigen. (Ishii, 2019)

Möglichkeiten um die Fruchtbarkeit zu fördern

Für Frauen mit niedriger ovarieller Reserve können verschiedene Schritte unternehmen, um ihre Chancen auf eine Schwangerschaft zu verbessern:

Gesunde Lebensweise

Neben gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung und dem Verzicht auf schädliche Gewohnheiten wie Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum, ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und Eisen entscheidend für die allgemeine Gesundheit und Fertilität.

Mikronährstoffe

Hochwertige Mikronährstoffe wie Coenzym Q10 in Form von Ubiquinol, DHA (Docosahexaensäure) aus Omega-3-Fettsäuren, und Antioxidantien wie Alpha-Liponsäure, NAC (N-Acetyl-Cystein) und Selen haben in klinischen Studien eine positive Auswirkung auf die Eizell- bzw. Embroqualität aufgezeigt.

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In-Vitro-Fertilisation (IVF)

Frauen mit einem niedrigen AMH-Wert können durch eine künstliche Befruchtung wie der In-vitro-Fertilisation (IVF) ihre Chancen auf eine Schwangerschaft erhöhen. Bei IVF werden Eizellen außerhalb des Körpers entnommen, befruchtet und dann in die Gebärmutter eingeführt.

Ist das Anti-Müller-Hormon sehr niedrig (1,0 ng/ml) können bei der Hormonstimulation höhere Hormondosen erforderlich sein.

Neben der Bestimmung des AMH-Werts wird in vielen Fällen auch ein Spermiogramm des Partners durchgeführt, um die männliche Fruchtbarkeit zu überprüfen.

Ist die Spermienqualität eingeschränkt, kann die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) eine Alternative zur klassischen IVF sein.

Eizellspende als Option

In einigen Fällen kann eine Eizellspende eine Option sein, insbesondere wenn die eigene Eizellreserve sehr niedrig ist. Bei einer Eizellspende werden Eizellen von einer anderen Frau verwendet, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen.

Fazit: AMH-Wert ist ein wichtiger Indikator für Fruchtbarkeit

Der AMH-Wert ist ein wichtiger Indikator für die Eizellreserve einer Frau und kann der Reproduktionsmedizin wichtige Informationen darüber liefern, ob eine Schwangerschaft auf natürliche Weise möglich ist oder ob assistierte Reproduktionstechniken in Betracht gezogen werden sollten. Für Frauen mit einem niedrigen AMH-Wert kann ein Termin in einer Kinderwunschklinik ein wichtiger nächster Schritt sein, um geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu identifizieren. Trotz eines niedrigen AMH-Werts gibt es Wege, um den Traum einer eigenen Familie zu verwirklichen.

FAQ

Kann man den AMH-Wert verbessern?

Der AMH-Wert gilt weitgehend als stabil und wird hauptsächlich durch genetische Faktoren und das Alter beeinflusst. Leider gibt es keine spezifischen Methoden, um den AMH-Wert zu verbessern. Bestimmte Lebensstiländerungen und die Einnahme von Mikronährstoffen kann jedoch dazu beitragen, die allgemeine Fruchtbarkeit und die Qualität der Eizellen zu verbessern.

Können AMH-Werte von einem Test zum nächsten ansteigen?

Der AMH-Wert gilt zwar als einer der zuverlässigsten Parameter, allerdings kann der Wert von einem Test zum nächsten variieren. Signifikante Erhöhungen sind selten und in der Regel nicht auf eine tatsächliche Zunahme der ovariellen Reserve zurückzuführen.

Folgende Gründe können zu Schwankungen des AMH-Werts führen:

  • Messvariabilität: Labormethoden und Tests können Unterschiede in den Ergebnissen aufweisen. Unterschiedliche Labore oder Testmethoden können leicht abweichende Werte liefern.
  • Zykluszeitpunkt: AMH-Werte können sich im Laufe des Menstruationszyklus verändern, obwohl sie im Allgemeinen weniger variabel sind als andere hormonelle Marker.
  • Faktoren wie Rauchverhalten und Krankheiten: Diese können ebenfalls Einfluss auf die AMH-Werte haben. Veränderungen in diesen Faktoren können vorübergehende Schwankungen im AMH-Spiegel verursachen.
  • Saisonale Schwankungen: In einigen Studien wurden saisonale Unterschiede bei den AMH-Werten festgestellt, aber diese sind normalerweise gering.

Es ist wichtig, AMH-Werte zusammen mit anderen diagnostischen Informationen wie dem Ultraschall der antralen Follikelzahl zu betrachten, um ein genaues Bild der ovarialen Reserve zu erhalten

Kann ich mit einem niedrigen AMH-Wert schwanger werden?

Ja, es ist möglich, mit einem niedrigen AMH-Wert schwanger zu werden, aber es kann schwieriger sein. Ein niedriger AMH-Wert weist auf eine reduzierte ovarielle Reserve hin, was bedeutet, dass die Anzahl der verfügbaren Eizellen in den Eierstöcken geringer ist. Dies kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, aber es bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Schwangerschaft unmöglich ist.

Was kann ich bei schlechtem AMH-Wert tun?

Ein niedriger AMH-Wert zeigt eine reduzierte Eizellreserve an, ist jedoch nicht der einzige Indikator für die Fruchtbarkeit einer Frau. Es ist ratsam, mit einem Spezialisten für Reproduktionsmedizin zu sprechen, um weitere Fruchtbarkeitsuntersuchungen durchführen zu lassen und individuelle Behandlungsmöglichkeiten wie Hormonstimulation oder IVF zu besprechen. Ein gesunder Lebensstil und eine frühzeitige Planung des Kinderwunsches sind ebenfalls von Bedeutung. Es ist wichtig, den AMH-Wert im Kontext anderer Faktoren zu betrachten, da auch bei niedrigen Werten natürliche Schwangerschaften möglich sind.

Quellen

Streuli et al. In women with endometriosis anti-Müllerian hormone levels are decreased only in those with previous endometrioma surgery. Human Reproduction, 2012.

Plante et al. The impact of smoking on antimüllerian hormone levels in women aged 38 to 50 years, 2011.

Lotte Werner, Yvonne T van der Schouw, Annelien C de Kat, A systematic review of the association between modifiable lifestyle factors and circulating anti-Müllerian hormone, Human Reproduction Update, Volume 30, Issue 3, May-June 2024.

Land KL, Miller FG, Fugate AC, Hannon PR. The effects of endocrine-disrupting chemicals on ovarian- and ovulation-related fertility outcomes. Mol Reprod Dev. 2022.

Ishii R, Tachibana N, Okawa R, Enomoto M, Asami M, Toriumi R, Hamada M, Horikawa M, Akiba Y, Taketani Y. Different anti-Műllerian hormone (AMH) levels respond to distinct ovarian stimulation methods in assisted reproductive technology (ART): Clues to bett, 2019.