EmbryoGlue® und IVF-Erfolgsrate: Chancen, Grenzen und aktuelle Studien

EmbryoGlue® und IVF-Erfolgsrate: Chancen, Grenzen und aktuelle Studien

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Claudia Gessler-Zwickl ist Gründerin von FERTILABS. Als ehemalige Kinderwunschpatientin setzt sie sich mit viel Leidenschaft dafür ein, andere Betroffene auf ihrem Weg zum Wunschkind zu unterstützen und das Tabuthema "unerfüllter Kinderwunsch" zu entkräften. Gemeinsam mit einem Team führender Ärzte hat sie VILAVIT entwickelt – ein innovatives Kinderwunschpräparat, das sowohl die weibliche als auch die männliche Fruchtbarkeit fördert.

Was ist EmbryoGlue® überhaupt?

EmbryoGlue® bei Transfer mit „frischen“ Embryonen

EmbryoGlue® bei Transfer mit gefrorenen Embryonen (Kyrotransfer)

Was bedeuten diese Studienergebnisse?

Ist EmbryoGlue® nun für mich sinnvoll?

Das Wichtigste zum Thema EmbryoGlue® zusammengefasst

  • EmbryoGlue® soll die Implantationswahrscheinlichkeit und die Kommunikation zwischen Uterus und Embryo verbessern
  • EmbryoGlue® gilt aktuell noch eher als umstritten da es noch nicht ausreichend Studien gibt, die den Nutzen eindeutig beweisen
  • Einige Patientinnen, insbesondere jene mit wiederholtem Einnistungsversagen oder jene während eines Kryozyklus, dürften aber durchaus von EmbryoGlue® profitieren
  • Als konkrete Risiken durch die Anwendung von EmbryoGlue® wurde bisher nur eine Erhöhung der Mehrlingsschwangerschaften festgestellt

Auf Deiner Kinderwunschreise begegnen Dir zahlreiche Angebote, die helfen sollen, die Erfolgschancen bei einer künstlichen Befruchtung zu verbessern. Früher oder später wird Dir vermutlich auch der Begriff „EmbryoGlue®“ unterkommen – doch was steckt wirklich hinter dem vermeintlichen Wundermittel und was sagt die Wissenschaft dazu?

In diesem Artikel bekommst Du eine ehrliche, wissenschaftlich fundierte und aktuelle Bewertung, damit Du leichter abschätzen kannst, ob sich EmbryoGlue® für Dich lohnen könnte.

Was ist EmbryoGlue® überhaupt?

EmbryoGlue® ist ein Transfermedium vom Unternehmen VitroLife aus Schweden. Das neuartige Transfermedium soll die Implantationswahrscheinlichkeit erhöhen und die Kommunikation zwischen dem Embryo und dem Uterus verbessern. Die positiven Effekte des EmbryoGlues® sollen vor allem durch die beigefügte Hyaluronsäure und Nährstoffe, die den Embryo unterstützen zustande kommen.

Obwohl EmbryoGlue® vielversprechend klingt, gibt es in der Fachwelt noch Zweifel darüber, ob und wann das Produkt sinnvoll sein könnte, beziehungsweise ist (Bhoi, N. R., et al., 2024).

Vorneweg müssen wir Dich auch darauf hinweisen, dass sich einige Studien zu diesem Thema nicht auf das konkrete Produkt EmbryoGlue® beziehen, sondern allgemein auf hyaluron-angereicherte Transfermedien. Wir werden Dich im Laufe des Artikels darauf hinweisen, falls wir gerade nicht konkret von EmbryoGlue® sprechen. 

EmbryoGlue® bei Transfer mit „frischen“ Embryonen

In einer Studie aus dem Jahr 2015 mit 84 Frauen wurde der Embryo bei der Hälfte der Frauen mit EmbryoGlue® behandelt. Bei allen teilnehmenden Frauen wurden frische nicht-gespendete Embryonen genutzt. Dabei konnte kein signifikanter Unterschied zwischen der EmbryoGlue®-Gruppe und der Kontrollgruppe bezüglich der klinischen Schwangerschaftsrate oder der Implantationsrate festgestellt werden. Jedoch zeigt die Studie eindeutig, dass bei Frauen, die bereits fehlgeschlagene IVF-Versuche hinter sich hatten, eine deutliche Verbesserung der Implantation durch EmbryoGlue® erzielt werden konnte: Bei der Hälfte der Frauen in der EmbryoGlue®-Gruppe mit vorausgegangenen IVF-Fehlversuchen konnte eine erfolgreiche Implantation beobachtet werden, während in der Kontrollgruppe keine Frau mit vorausgegangenem Fehlversuch eine erfolgreiche Implantation vorlag (Singh, N., et al., 2015).

In eine ähnliche Richtung zeigen die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2006 bei der ebenfalls kaum Unterschiede bezüglich der Erfolgsraten von IVF-Zyklen zwischen der EmbryoGlue®- Gruppe und der Kontrollgruppe festgestellt werden konnten. Jedoch konnte gezeigt werden, dass Frauen mit wiederholtem Implantationsversagen und Patientinnen mit Problemen der Eileiter eine deutlich erhöhte Implantationsrate – wobei nur bei Patientinnen mit Eileiter-Problemen auch eine erhöhte klinische Schwangerschaftsrate beobachtet werden konnte. Außerdem merken die Studienautorinnen und -autoren an, dass in der EmbryoGlue®- Gruppe signifikant mehr Drillings-Schwangerschaften stattfanden (Valojerdi, M. R., et al., 2006). Auch wenn das für viele auf den ersten Blick positiv klingt, sind Drillings-Schwangerschaften Risikoschwangerschaften und sollten deshalb nicht unterschätzt werden.

Eine andere Untersuchung mit frischen (nicht-gespendeten) Embryonen mit über 200 Patientinnen aus dem Jahr 2008 konnte keine signifikante Verbesserung der Schwangerschaftsraten oder Implantationsraten zeigen (Hazlett, W.D., et al., 2008).

EmbryoGlue® bei Transfer mit gefrorenen Embryonen (Kyrotransfer)

Eine Studie aus dem Jahr 2024 im Rahmen derer insgesamt 1298 Kyrotransfer-Zyklen untersucht worden sind, kann für Frauen zwischen 20 und 40 Jahren, die entweder eigene oder gespendete Embryonen eingesetzt bekamen und keine unkontrollierten Krankheiten wie Diabetes oder einer Endometriumdicke von unter 7mm aufweisen, Hoffnung geben: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten, dass die Frauen, deren Embryonen mit EmbryoGlue® behandelt worden sind, eine erhöhte Chance auf klinische Schwangerschaften (69.5% mit EmbryoGlue® im Vergleich zu 57.6% ohne EmbryoGlue®) hatten. Außerdem erhöhte die Nutzung von EmbryoGlue® die Lebendgeburtenrate stark – von 47.5% ohne EmbryoGlue® auf 60.6% mit EmbryoGlue®. Leider konnte in dieser Studie keine Reduktion der Fehlgeburten durch die Nutzung von EmbryoGlue® gezeigt werden (Bhoi, N.R., et al., 2024).

Ernüchternd wirken hingegen die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2021 in der weder die Patientinnen noch die behandelten Ärztinnen und Ärzte wussten, welche Personen sich in der Kontrollgruppe befanden und welche mit EmbryoGlue® behandelt worden sind. Auch hier wurden gefrorene Embryonen genutzt – jedoch wurden keine Frauen mit wiederholtem Implantationsversagen (RIF; Repeated Implantation Failure) untersucht. Im Rahmen dieser Studie stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass es so gut wie keine Unterschiede zwischen der Behandlung mit oder ohne EmbryoGlue® gab in Bezug auf die Erfolgschancen. Die klinische Schwangerschaftsrate, Lebendgeburtenrate, Implantationsrate und Fehlgeburtenrate waren fast alle exakt gleich hoch. Der einzige bedeutsame Unterschied, der in diesem Fall festgestellt werden konnte, war, dass das Geburtsgewicht der Kinder, die mit EmbryoGlue® behandelt worden waren, deutlich höher war als das der Kontrollgruppe (Yung, S. S. F., et al., 2021).

Was bedeuten diese Studienergebnisse?

Die Studienergbenisse zum Thema EmbryoGlue® sind nach jetzigem Stand leider nicht eindeutig und lassen keine abschließende pauschale Empfehlung zu. Eine der bisher größten Analysen beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Hyaluronsäure-Anreicherung (ACHTUNG: nicht EmbryoGlue® als Produkt!) anhand der Ergebnisse von 6704 Teilnehmerinnen. Die Studienautorinnen und -autoren verweisen ebenso auf eine eher schlechte Studienlage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Analyse (Jahr 2020). Auf Basis dieser eher unzureichenden Studienlage treffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch trotzdem einige Schlussfolgerungen:  Auf 14 Embryo-Transfers mit Hyaluronsäre-angereichertem-Transfermedium kommt eine zusätzliche Lebendgeburt dank der Hyaluronsäure. Die Expertinen und Experten vermuten auch eine höhere klinische Schwangerschaftsrate und möglicherweise eine Reduktion der Fehlgeburtenrate. Auch Mehrlingsschwangerschaften könnten durch die Nutzung von Hylaronsäure-Anreicherung häufiger auftreten (Heymann, D., et al., 2020).

Unter anderem darauf basierend empfiehlt beispielsweise die ESHRE Add-ons working Group (eine Expert:innen-Gruppe der European Society of Human Reproduction and Embryology) Hyaluronsäure in höheren Konzentrationen (wie in EmbryoGlue®) zu verwenden. Allerdings wird eindrücklich darauf hingewiesen, dass nur ein einzelner Embryo eingesetzt werden sollte, um die Chance für risikobehaftete Mehrlingsschwangerschaften zu senken (ESHRE Add-ons working group, et al., 2023).

Ist EmbryoGlue® nun für mich sinnvoll?

Ob EmbryoGlue® für Dich sinnvoll ist, lässt sich abschließend schwer beurteilen. Je nachdem, ob Du bereits fehlgeschlagene IVF-Versuche hinter Dir hast oder erst neu beginnst; ob Du gefrorene oder frische Eizellen nutzt, ist eine Entscheidung zu treffen.

Nachdem die Studienergebnisse sehr uneindeutig sind und auch stark schwanken, haben wir einige Vorschläge für Dich, was Du Deine behandelten Ärztinnen und Ärzte beziehungsweise (D)eine Klinik fragen könntest:

  • Haben Sie eigene Daten zum Thema EmbryoGlue® aus Ihrer Klinik?
  • Gibt es Unterschiede zwischen EmbryoGlue® und Ihrem Standardmedium?
  • Für welche Patientinnen und Patienten empfehlen Sie EmbryoGlue® konkret (basierend auf Ihren eigenen Erfahrungen)?
  • Unser persönlicher Blick als Unternehmen auf EmbryoGlue®

EmbryoGlue® könnte zumindest für manche Patientinnen-Gruppen eine sinnvolle Ergänzung auf der Kinderwunschreise sein – besonders für Patientinnen, die bereits fehlgeschlagene IVF-Zyklen hinter sich haben. Es ist jedoch wichtig anzumerken, dass EmbryoGlue® leider keinen Einfluss auf die Qualität des Embryos selbst hat, sondern „nur“ versucht dem Embryo die Anlagerung an die Gebärmutterschleimhaut und die Kommunikation zwischen Embryo und Gebärmutter zu erleichtern wie anfangs erwähnt. Leider kann ein Embryo mit schlechter Qualität aber trotz EmbryoGlue® nicht zu einer (erfolgreichen) Schwangerschaft führen.

EmbryoGlue® kann also ein Baustein sein, aber es ersetzt nicht:

Aus diesem Grund raten wir Dir ganzheitlich zu denken und nicht nur an die Implantation selbst, denn auch viele andere Faktoren spielen eine wichtige Rolle, um eine gesunde Schwangerschaft zu fördern. Deshalb freuen wir uns als Team von VILAVIT, wenn wir Dich auf Deinem Weg zum Wunschkind mit Informationen auf unserer Website und im Newsletter, spannenden Artikeln und unseren Kinderwunschpräparaten, die ganz auf Deine Bedürfnisse auf der Kinderwunschreise abgestimmt sind, unterstützen dürfen.

Deine wichtigsten Fragen zum Thema EmbryoGlue® beantwortet

Was ist EmbryoGlue® eigentlich?

EmbryoGlue® ist ein spezielles Transfermedium, das zum Embryotransfer verwendet werden kann und mit Hyaluronsäure angereichert ist. EmbryoGlue® soll die Einnistung erleichtern und die Erfolgschancen einer IVF erhöhen.

Ist EmbryoGlue® eigentlich wirklich ein Kleber?

Nein, EmbryoGlue® klebt nicht, sondern soll die Einnistung erleichtern indem verbesserte Bedingungen durch die Hyaluronsäure herrschen.

Erhöht EmbryoGlue® die Schwangerschaftsrate?

Die Studienlage ist gemischt und noch nicht wahnsinnig dicht, aber es gibt Hinweise, dass EmbryoGlue® bei gewissen Patientinnen die Schwangerschaftsrate erhöhen kann. Andere Studien finden jedoch keine Verbesserung, weshalb EmbryoGlue® leider nicht als Wundermittel angesehen werden kann.

Gibt es Risiken bei EmbryoGlue®?

Es konnten keine eindeutigen Risiken für Mutter oder Embryo festgestellt werden. Jedoch deuten einige Studien auf erhöhte Mehrlingsschwangerschaften hin. Mehrlingsschwangerschaften gelten immer als Risikoschwangerschaft.

Was kann ich meine Klinik fragen?

Um besser entscheiden zu können, ob EmbryoGlue® für Dich sinnvoll ist, könntest du folgende Fragen stellen:

  • Haben Sie eigene Daten zum Thema EmbryoGlue® aus Ihrer Klinik?
  • Gibt es Unterschiede zwischen EmbryoGlue® und Ihrem Standardmedium?
  • Für welche Patientinnen und Patienten empfehlen Sie EmbryoGlue® konkret (basierend auf Ihren eigenen Erfahrungen)?

Referenzen

  • Bhoi, N. R., Murdia, N., Murdia, K., Chandra, V., Suwalka, I., Mistari, W., Aggrawal, R., Shah, N., & Kumar, D. (2024). Effect of Hyaluronic Acid-Containing Transfer Media (EmbryoGlue®) on the Live Birth Rate in Frozen Thawed Embryo Transfer Cycles. Cureus, 16(1), e52713. https://doi.org/10.7759/cureus.52713
  • Yung, S. S. F., Lai, S. F., Lam, M. T., Lui, E. M. W., Ko, J. K. Y., Li, H. W. R., Wong, J. Y. Y., Lau, E. Y. L., Yeung, W. S. B., & Ng, E. H. Y. (2021). Hyaluronic acid-enriched transfer medium for frozen embryo transfer: a randomized, double-blind, controlled trial. Fertility and sterility, 116(4), 1001–1009. https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2021.02.015
  • Singh, N., Gupta, M., Kriplani, A., & Vanamail, P. (2015). Role of Embryo Glue as a transfer medium in the outcome of fresh non-donor in-vitro fertilization cycles. Journal of human reproductive sciences, 8(4), 214–217. https://doi.org/10.4103/0974-1208.170398
  • Hazlett, W. D., Meyer, L. R., Nasta, T. E., Mangan, P. A., & Karande, V. C. (2008). Impact of EmbryoGlue as the embryo transfer medium. Fertility and sterility, 90(1), 214–216. https://doi.org/10.1016/j.fertnstert.2007.05.063
  • Valojerdi, M. R., Karimian, L., Yazdi, P. E., Gilani, M. A., Madani, T., & Baghestani, A. R. (2006). Efficacy of a human embryo transfer medium: a prospective, randomized clinical trial study. Journal of assisted reproduction and genetics, 23(5), 207–212. https://doi.org/10.1007/s10815-006-9031-7
  • Heymann, D., Vidal, L., Or, Y., & Shoham, Z. (2020). Hyaluronic acid in embryo transfer media for assisted reproductive technologies. The Cochrane database of systematic reviews, 9(9), CD007421. https://doi.org/10.1002/14651858.CD007421.pub4
  • ESHRE Add-ons working group, Lundin, K., Bentzen, J. G., Bozdag, G., Ebner, T., Harper, J., Le Clef, N., Moffett, A., Norcross, S., Polyzos, N. P., Rautakallio-Hokkanen, S., Sfontouris, I., Sermon, K., Vermeulen, N., & Pinborg, A. (2023). Good practice recommendations on add-ons in reproductive medicine†. Human reproduction (Oxford, England), 38(11), 2062–2104. https://doi.org/10.1093/humrep/dead184