Das Wichtigste zu Assisted Hatching
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Assisted Hatching soll helfen, die Chance auf eine Schwangerschaft zu erhöhen
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Die Eizelle muss aus der Zona pelludica (ihrer äußersten Schicht) „schlüpfen“, um sich einnisten zu können
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Bei Assisted Hatching wird die Zona pelludica künstlich verdünnt oder beschädigt, um die Chancen auf eine Einnistung zu erhöhen
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Studien trüben die Vorfreude auf diese Methode jedoch: Ob Assisted Hatching die Chance auf eine Lebendgeburt nämlich tatsächlich verbessert, bleibt umstritten
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Auch diverse Fachgesellschaften stehen Assisted Hatching aufgrund der unzureichenden Studienlage kritisch gegenüber
(Wiederholtes) Einnistungsversagen kann Paare mit Kinderwunsch zur Verzweiflung bringen und viele negative Emotionen verursachen. Ein möglicher Grund für Einnistungsversagen kann sein, dass die Blastozyste nicht aus ihrer äußersten Schicht, der Zona pelludica, „schlüpfen“ kann und es somit nicht zu einer Einnistung kommen kann. Assisted Hatching soll genau dabei helfen - indem die Zona pelludica durch verschiedene Methoden beschädigt oder verdünnt wird, um der Eizelle das „Schlüpfen“ zu erleichtern und somit eine erfolgreiche Einnistung wahrscheinlicher zu machen (Lacey et al., 2021). Das Verfahren kann nur in Kombination mit einer künstlichen Befruchtung angewendet werden, da die Blastozyste dafür entnommen werden muss.
Ob Assisted Hatching so vielversprechend ist wie es klingt und ob es für Dich eine geeignete Methode sein kann, erfährst Du in diesem Blog.
Wie funktioniert Assisted Hatching?
Es gibt mehrere Methoden wie Assisted Hatching durchgeführt werden kann. Alle haben die Gemeinsamkeit, dass sie meist ab Tag 2 oder auch Tag 3 an den Embryonen durchgeführt werden, welche implantiert werden sollen.
Grundsätzlich gibt es entweder die Möglichkeit die Zona pelludica zu verdünnen – beispielsweise durch chemische Verfahren; die Zona pelludica aufzuschneiden oder auch komplett zu entfernen. Nach einer Verdünnung der Zona pelludica liegt die Blastozyste noch in einer dünneren Schutzschicht der Zona pelludica – dies kann Vor- und Nachteil zugleich sein: Einerseits ist die Blastozyste noch etwas geschützt, andererseits kann sie unter Umständen trotzdem nicht „von alleine“ den Rest des Schlüpf-Prozesses abschließen.
Je nach Technik wird die Zona pelludica mit Chemikalien, Laser oder mit präzischen Ultraschallwellen (Piezo-Technik) bearbeitet, um das gewünschte Errgebnis zu erzielen (Hammadeh, et al., 2011).
Gibt es Risiken bei Assisted Hatching?
Assisted Hatching wird von vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, ebenso wie der European Society of Human Reproduction and Embryology (ESHRE) und der Amercian Society for Reproductive System eher kritisch gesehen. Das liegt daran, dass bis heute die Zona pelludica nicht vollständig erforscht und verstanden ist, weshalb potentielle Spätfolgen von Assisted Hatching (noch) nicht ausreichend beurteilt werden können. Auch ist derweil noch weitestgehend unklar, woher eine Verhärtung der Zona pelludica überhaupt kommen könnte und welche Bedeutung ihr zukommt (Alteri, et al., 2018).
Verbessert Assisted Hatching die Chancen auf eine Schwangerschaft nun tatsächlich?
Eine eindeutige Antwort auf diese Frage zu geben, ist wohl kaum möglich, da viele verschiedene Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind. Eine groß angelegte Analyse mit 7249 Frauen von verschiedenen Studien kam zu dem Ergebnis, dass die Rate für eine klinische Schwangerschaft bei Frauen, die Assisted Hatching nutzten, leicht erhöht war im Vergeich zu den Frauen, die kein Assisted Hatching nutzten. Jedoch war die Lebendgeburtenrate bei Frauen, die kein Assisted Hatching nutzten, bei rund 28%, während jene bei den Frauen, die Assisted Hatching nutzten, nur zwischen 27% und 34% lag. Aus diesem Grund stellen die Studienautoren fest, dass es unklar sei, ob Assisted Hatching tatsächlich vorteilhaft ist. Dieselbe Studie kam jedoch zu dem Ergebniss, dass Mehrlingsschwangerschaften durch Assisted Hatching häufiger vorkommen könnten. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit für Fehlgeburten konnte keine Aussage getroffen werden, laut der Studienautoren, da dafür zu wenig Daten vorliegen würden (Lacey, et al., 2021).
Der Praxisausschuss der Amerikanischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin empfiehlt, dass Assisted Hatching nicht standardmäßig für Patientinnen mit einer IVF angewendet werden sollte. Für Patientinnen mit Vorerkrankungen oder bei der Nutzung eingefrorener Eizellen gibt die Amerikanische Gesellschaft für Reproduktionsmedizin keine pauschale Empfehlung ab, da die Datenlage nicht ausreichend sei (Practice Committee oft he American Society for Reproductive Medicine, 2022).
Eine Studie aus dem Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass Laser-Assisted-Hatching, bei eingefrorenen (und aufgetauten) Blastozsyten, die Chancen auf eine Lebendgeburt erhöhen und die Chance auf eine Fehlgeburt verringern kann (Wei, et al., 2023). Allerdings wurden bei einer anderen Studie aus dem Jahr 2024 keine positiven Effekte des Laser-Assisted-Hatching bei der Verwendung von eingefrorenen (und aufgetauten) Blastozysten festgestellt (Alteri, et al., 2024).
Ist Assisted Hatching nun für mich geeignet?
Ob Assisted Hatching Vorteile mit sich bringt, ist nicht eindeutig zu beantworten. Aus diesem Grund können wir Dir leider keine genaue Antwort auf diese Frage geben. Assisted Hatching kann aber in gewissen Fällen einen Versuch wert sein – wie beispielsweise bei eingefrorenen Blastozysten oder wenn andere IVF-Versuche ohne anderen feststellbaren Grund gescheitert sind. Wir raten Dir jedoch Deine Ärztin oder deinen Arzt auf den Nutzen dieser Methode in Deinem konkreten Fall anzusprechen und dich beraten zu lassen. Die Daten, die zum jetzigen Zeitpunkt verfügbar sind, zeigen nicht, dass es zu eindeutigen Nachteilen durch Assisted Hatching kommt, weshalb die Methode trotzdem für manche Frauen vorteilhaft sein könnte.
Häufige Fragen zum Thema Assisted Hatching
Was ist Assisted Hatching?
Assisted Hatching ist ein Verfahren der assistierten Reproduktionsmedizin, bei dem die äußere Hülle der Eizelle beziehungsweise des Embryos, auch Zona pelludica genannt, künstlich geöffnet (beschädigt) oder verdünnt wird. Dadurch soll das „Schlüpfen“ der Blastozyste erleichtert und somit die Einnistung gefördert werden.
Für wen ist Assisted Hatching geeignet?
Die aktuelle Datenlage lässt dazu leider keine eindeutigen Schlüsse zu – nur Vermutungen. Jedenfalls nicht empfohlen ist Assisted Hatching beim ersten (oder zweiten) IVF-Zyklus oder wenn keine Hinweise auf Probleme bei der Einnistung zu finden sind (und es später zu einem Abort gekommen ist). Möglicherweise ist Assisted Hatching zu empfehlen für Frauen, die eingefrorene Eizellen nutzen möchten oder bei Eizellen mit verdickter Zona pelludica. Manche Institute empfehlen Assisted Hatching auch bei Frauen über 37 Jahren oder nach mehreren erfolglosen IVF-Zyklen. Eine individuelle Beratung durch eine Fachärztin oder einen Facharzt empfehlen wir dir jedoch dringend.
Wie wird Assisted Hatching durchgeführt?
Es gibt mehrere Methoden, um Assisted Hatching durchzuführen. Meistens wird Laser-Assisted-Hatching eingesetzt, seltener chemische oder mechanische Verfahren. Beim neuesten Verfahren werden Ultraschall-Wellen genutzt (Piezo-Verfahren). Die Zona pelludica wird entweder verdünnt, durchtrennt beziehungsweise aufgeschnitten an einer Stelle oder (komplett) entfernt.
Erhöht Assisted Hatching die Chance auf eine Schwangerschaft?
Die Studienlage ist dazu uneinheitlich. Besonders die Einnistungsrate kann sich erhöhen, jedoch zeigen wesentlich weniger Studien eine Erhöhung der Lebendgeburtenrate. In gewissen Fällen könnte die Chance auf eine Schwangerschaft dank Assisted Hatching jedoch steigen.
Gibt es Risiken?
Ja, es ist möglich, dass der Embryo bei unsachgemäßer Durchführung beschädigt wird. Außerdem deuten erste Erkenntnisse darauf hin, dass das Risiko für Mehrlingsschwangerschaften durch Assisted Hatching steigt.
Referenzen
- Lacey, L., Hassan, S., Franik, S., Seif, M. W., & Akhtar, M. A. (2021). Assisted hatching on assisted conception (in vitro fertilisation (IVF) and intracytoplasmic sperm injection (ICSI)). The Cochrane database of systematic reviews, 3(3), CD001894.
- Hammadeh, M. E., Fischer-Hammadeh, C., & Ali, K. R. (2011). Assisted hatching in assisted reproduction: a state of the art. Journal of assisted reproduction and genetics, 28(2), 119–128.
- Alteri, A., Viganò, P., Maizar, A. A., Jovine, L., Giacomini, E., & Rubino, P. (2018). Revisiting embryo assisted hatching approaches: a systematic review of the current protocols. Journal of assisted reproduction and genetics, 35(3), 367–391.
- Practice Committee of the American Society for Reproductive Medicine. Electronic address: asrm@asrm.org (2022). The role of assisted hatching in in vitro fertilization: a guideline. Fertility and sterility, 117(6), 1177–1182.
- Endo, Y., Mitsuhata, S., Hayashi, M., Fujii, Y., & Motoyama, H. (2021). Laser-assisted hatching on clinical and neonatal outcomes in patients undergoing single vitrified Blastocyst transfer: A propensity score-matched study. Reproductive medicine and biology, 20(2), 182–189.
- Wei, C., Xiang, S., Liu, D., Wang, C., Liang, X., Wu, H., & Lian, F. (2023). Laser-assisted hatching improves pregnancy outcomes in frozen-thawed embryo transfer cycles of cleavage-stage embryos: a large retrospective cohort study with propensity score matching. Journal of assisted reproduction and genetics, 40(2), 417–427.
- Alteri, A., Reschini, M., Guarneri, C., Bandini, V., Bertapelle, G., Pinna, M., Rabellotti, E., Ferrari, S., Papaleo, E., Paffoni, A., Viganò, P., & Somigliana, E. (2024). The effect of laser-assisted hatching on vitrified/warmed blastocysts: the ALADDIN randomized controlled trial. Fertility and sterility, 122(1), 106–113.